‚Vasen · Blüten · Blooming · Light‘

Im Gespräch mit der Künstlerin Inge Gutbrod
Text: Andreas Obermann Photos: David Rasche
Die Lobby des Karl August ist ein Ort des Verweilens, an dem Kunst und Architektur miteinander in Dialog treten.
Inge Gutbrod
Inge Gutbrod

Könntest du uns etwas über deine Ausstellung ‚Vasen · Blüten · Blooming · Light‘ erzählen und welche Idee dahintersteckt?

Für die beiden Kuratorinnen und für mich war es wichtig, einen Titel zu wählen, der assoziativ sofort Bilder hervorruft – das weckt Neugier. Inhaltlich wird die Ausstellung durch zwei zentrale Themen strukturiert: Vasen und Licht. Gefäße spielen in meiner Arbeit immer wieder eine große Rolle, ebenso wie das Licht. Gerade das Licht ist ein essenzielles Element meiner Werke, da ich bevorzugt mit transluzenten Materialien arbeite. „Blooming“ und „Blüten“ sind eine Anspielung auf den Frühling, denn es handelt sich ja um eine Frühlingsausstellung. Wir wollten dieses Gefühl von Aufbruch und Erneuerung auch im Titel transportieren – ich denke, das ist uns gelungen.

Ich zeige eine Reihe von weißen Wachsarbeiten, die wir an den rohen Betonwänden installiert haben. Zusätzlich habe ich speziell für den Ort sechs große neue Gefäße aus weißem Paraffin gebaut, die ich auf einem zentralen Tisch platziert habe. Normalerweise stehen dort üppige Blumenarrangements in Glasvasen. Für meine WachsGefäßInstallation mit dem Titel „Vasen-Familie“ haben wir uns für eine minimalistische Blumenauswahl entschieden und meine Wachsgefäße lediglich mit Kirschblütenzweigen bestückt, was der Klarheit und der Reduktion meiner Formensprache am besten entspricht.

Als Kontrast dazu gibt es eine Reihe von farbigen Leuchtarbeiten, die sich mit ihrer starken Strahlkraft in den Raum ergießen. Im Eingangsbereich sind drei runde Objekte zu sehen, die ich „Lovesongs“ nenne. Sie hängen relativ hoch, fast wie schwebende Luftballons. Da wir uns hier in einem Hotel befinden – also einem Ort mit viel Publikumsverkehr –, war es wichtig, die Kunstwerke so zu platzieren, dass sie nicht versehentlich berührt werden. Meine Werke haben eine haptische Qualität, die dazu verleitet, sie anfassen zu wollen. Daher war es eine besondere Herausforderung, die Arbeiten so zu positionieren, dass sie sowohl zugänglich als auch geschützt bleiben. 

Vasen Inge Gutbrod

Ein weiterer markanter Punkt der Ausstellung ist eine große runde Leuchtarbeit mit dem Titel „Lovesong-rund, AprikosenNebel-rotzig“. Sie befindet sich an der zentralen Wand zum Eingang des Restaurants und bildet mit den schon erwähnten „Lovesongs“ im Eingangsbereich eine visuelle farbige Klammer für die gesamte Ausstellung.

In der Kaminnische und an der langen holzvertäfelten Wand gibt es eine Reihe von neuen Objektkästen mit dem Titel „FoundFound“ zu sehen. Diese Arbeiten bestehen aus Fundstücken aus meinem Atelier – Relikte früherer Installationen, die ich gesammelt und mit malerischen Untergründen neu arrangiert habe. Diese Assemblagen zeigen eine weitere Facette meiner künstlerischen Praxis. Ich komme ja ursprünglich aus der Malerei, aber meine Arbeiten bewegen sich oft im Spannungsfeld zwischen Fläche und Raum. Viele meiner Werke ragen aus der Wand heraus und entfalten sich in den Raum hinein – eine Art Hybridform zwischen Malerei und Skulptur.

Die Einladungskarte zur Ausstellung zeigt eine zweigeteilte Darstellung: links eine weiße Wachsarbeit, die horizontal aus der Wand ragt, und rechts einen in Orange getauchten Raum. Diese beiden Arbeiten finden sich auch hier in der Ausstellung wieder: Eine weiße Variante an der Wand und eine große farbige Version an einem Betonpfeiler. Beide Arbeiten spielen mit der Vorstellung, dass die Vase durch die Wand hindurchgeht und sich in zwei verschiedenen Farbwelten erstreckt. 

Insgesamt wollte ich mit dieser Ausstellung eine Balance zwischen Reduktion und Leuchtkraft schaffen – zwischen klaren Formen und intensiven Farben. Ich hoffe, dass die Besucher:innen diese Spannung und die poetische Kraft der Werke spüren können. 

Du hast bereits viele Ausstellungen in Museen gemacht, unter anderem eine große Schau zu deinem 60. Geburtstag in der Kunsthalle in Schweinfurt. Wie unterscheidet sich die Präsentation deiner Werke hier in der Lobby von einer klassischen Museumsausstellung?

Die Atmosphäre hier ist eine ganz andere – fast wohnlich. Die Lobby ist ja eigentlich kein Ausstellungsraum, sondern ein Ort zum Verweilen – eine Lounge eben. Ich selbst sitze hier gerne, trinke einen Kaffee, genieße ein Croissant und lasse die Umgebung auf mich wirken. Es ist mir eine große Freude und Ehre, meine Arbeiten hier zeigen zu dürfen.

Wie bei jeder Ausstellung habe ich ein Konzept entwickelt, das auf die Besonderheiten des Ortes eingeht: Die rohen Betonwände haben eine schlichte, pure Ästhetik, die hervorragend mit meinen weißen Wachsarbeiten harmoniert. Das Zusammenspiel von unterschiedlichen Materialien ist hier einzigartig: der kühle, rohe Beton auf der einen Seite, das warme, dunkle Holz auf der anderen Seite und das individuell gestaltete Mobiliar, das speziell für diesen Ort entworfen wurde. Solche Details faszinieren mich als Künstlerin, und ich reagiere gerne darauf. Zum Beispiel habe ich eine horizontale Vase weit oben an einem siebeneckigen Betonpfeiler installiert – ein Detail, das der Besucher vielleicht erst beim zweiten oder dritten Rundgang entdeckt, ebenso ist eine farbige Wachstafel weit oben an einer holzvertäfelten Wand installiert, die auch nicht direkt im Blickfeld des Besuchers liegt. Diese subtilen Interaktionen zwischen meiner Kunst und dem Raum machen die Präsentation hier in der Lobby so besonders.

Über welchen Zeitraum hinweg sind die Werke entstanden, die wir hier sehen?

Die älteste Arbeit stammt tatsächlich aus dem Jahr 2009. Der Großteil der gezeigten Werke ist jedoch in den letzten zwei bis drei Jahren entstanden, und wie ich schon gesagt habe, wurden einige Arbeiten speziell für den Ort gebaut – sind also ganz neu. 

Was hat dich besonders gereizt, deine Werke in dieser Lobby zu präsentieren?

Die völlig andere Atmosphäre. Hier herrscht eine wohnliche, einladende Stimmung – die Menschen sitzen hier zum Entspannen, genießen einen Kaffee oder ein Glas Wein und begegnen der Kunst auf eine ganz selbstverständliche Weise. Es sind andere Besucher als in einem Museum oder einer Galerie, und ich finde es spannend, dass meine Werke in einem solchen Umfeld mit den Menschen in einen Dialog treten können. Schon beim Aufbau haben mich einige Gäste angesprochen, die sich für meine Arbeiten interessierten. Gerade eben habe ich beobachtet, wie jemand fasziniert eine meiner weißen Wachsarbeiten betrachtet hat. Als wir miteinander ins Gespräch kamen, meinte er, der Raum wirke durch die Kunst völlig verändert – trotz der kühlen Betonwände strahle er nun eine frische, besondere Atmosphäre aus. Solche Rückmeldungen sind für mich ein wunderbares Kompliment.

In ihrem ersten Interview erzählt Inge Gutbrod von ihrem künstlerischen Werdegang, ihrer Liebe zum Wachs und wie der Vorhang „Klicker-di-Klick HKA21R“ speziell für die Lobby entstand.