Die Faszination für Tiere

Der Nürnberger Künstler und Bildhauer Christian Rösner im Interview
Text: Andreas Obermann Photos: Andreas Obermann
Die Tierwelt verfolgt mich seit meiner Kindheit mit einer großen Faszination für die Form und Schönheit der Tiere. In Höhlenwänden wurden schon Tiere dargestellt. Ich finde es elementar, die eigene Lebenswelt weiterhin abzubilden - vor allem in einer Zeit, in der alle mit dem Smartphone rumlaufen.
Christian Rösner
Christian Rösner

Du hast für die Lobby des Karl August eine große Holzskulptur entworfen. Wie war dein Konzept?

Die Skulptur besteht aus einem sehr alten Baum, der während der Bauarbeiten des Hotels genau an dieser Stelle gefunden wurde. Die Idee war, dieses Holz wieder dorthin zurückzubringen, wo es her kam. Diesen Prozess wollte ich in Szene setzen, indem ich als Bildhauer aktiv werde. Dabei ist mir meine Tierwelt zur Hilfe gekommen. Als Motive habe ich mich für einen Hai entschieden, der sich in einem alten Stück Holz verbeißt.

An dieser Szene gefällt mir besonders, dass der horizontal schwebende Hai suggeriert, dass er gerade schwimmt, er also von Wasser umgeben ist. Das passt sehr gut zu den großen Fensterscheiben der Lobby, die dadurch wie ein Aquarium wirkt. Man muss zwangsläufig den Fisch ins Wasser lassen, sonst ist er ein toter Fisch oder seinem Lebensraum entrissen, deswegen muss er schweben. Durch die starke horizontale Achse kann der Hai diesen langen Raum dahingleiten, bis er in der Pegnitz ankommt, was ja auch sehr gut zur Brasserie NITZ passt.

Skulptur Christian Rösner

Warum ist deine Wahl auf einen Hai gefallen?

Der Hai ist ein uraltes, archaisches Wesen. Mir gefällt an diesem Tier, dass er dem Menschen so viel Lebensspanne voraus hat. Dieser Stamm ist möglicherweise über 1000 Jahre alt, das sind dann Dimensionen, die wir mit unseren durchschnittlich 80 Jahren Lebenserwartung nicht ermessen können. Das erhebt die Figur des Fisches über die des profanen Erdenbevölkerers „Mensch“.

Wie war der Entstehungsprozess?

Zuerst haben wir gemeinsam verschiedene Ideen entwickelt, zum Beispiel aus dem Baum ein Sitzmöbel zu machen. Am Ende haben wir uns dazu entschieden, den Stamm als Tisch zu nutzen. Deswegen habe ich den größten Teil des Stammes abgespalten und nur noch eine Art Dorn stehen gelassen. Dadurch kann mann immer noch die Dimension des Baumes erahnen. Aus dem herausgesägten Holz habe ich den Hai geformt, denn so bleibt die Einheit des Stammes bestehen.

Welche Materialien nutzt du noch für deine Kunstwerke?

Ich will mich nicht auf ein bestimmtes Material festlegen. Ich arbeite sehr gerne mit Holz, und wenn es mein Energiehaushalt hergibt, dann arbeite ich auch gerne an großen Werken. Genauso entstehen kleinere Arbeiten aus Beton, Keramik und Bronze – also mit klassischen Bildhauermaterialien. Das ist meine Spur, meine Figur steht in der Tradition. Allerdings hat man mir während des Studiums an der Akademie schon erklärt, dass das nichts mit moderner Kunst zu tun hat.

Was begeistert dich an Tieren?

Die Tierwelt verfolgt mich seit meiner Kindheit mit einer großen Faszination für die Form und Schönheit der Tiere. In Höhlenwänden wurden schon Tiere dargestellt. Ich finde es elementar, die eigene Lebenswelt weiterhin abzubilden – vor allem in einer Zeit, in der alle mit dem Smartphone rumlaufen.

Hast du nach deinem Abschluss an der Akademie direkt als freier Künstler gearbeitet?

Das hat von Anfang an ganz gut funktioniert. Ich hatte nach dem Abschluss an der Akademie das Gefühl, dass ich mich als freier Künstler durchschlagen kann. Eigentlich habe ich Kunsterziehung studiert und wollte Lehrer werden. Inzwischen kann ich meine Leidenschaft für den Lehrerberuf auch noch ausleben. Als Honorarprofessor an der Georg-Simon-Ohm Hochschule biete ich Zeichenunterricht für Architektur-Studenten an. Es macht mir sehr viel Spaß, mit jungen Leuten zu arbeiten und zu erleben, wie sie zum Beispiel Dinge anfassen. Viele sind nicht mehr in der Lage, mit den Händen etwas zu erschaffen. Wenn man ihnen dann einen Tonklumpen zum Bearbeiten gibt, fangen sie sich an zu beruhigen und es ist interessant zu beobachten, wie sich ihre Geschwindigkeit verlangsamt.

Du warst für zwölf Jahren als Künstler auf dem AEG-Gelände ansäßig, das seit Ende des Jahres zu einem neuen Stadtteil umgebaut wird. Wie geht es nun für dich weiter?

Mit viel Glück fand ich eine sehr schöne Halle, die nicht weit von meinem früheren AEG Atelier gelegen ist. Im ehemaligen Straßenbahndepot in der Muggenhoferstraße habe ich einen Ausstellungsraum mit 4.60 m Deckenhöhe, 26m langer Fensterfront und einer alten Kranbahn an der Decke. Sichtbar bis jetzt aber nur nach Absprache oder zum Beispiel zur Stadtverführung. Als Werkstatt bleibt mir ein wunderbares Atelier in der Regensburger Straße. Wenn ich mit der Motorsäge arbeiten will, fahre ich zu meinem Holz, das auf einem privaten Grundstück auf dem Land liegt. Dort störe ich niemanden.

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