In your room

Interview mit den Künstlern Michael Ullrich & Marco Stanke
Text: Karl August Photos: David Rasche & Karl August
"Wir sind im Kern aus dem gleichen Holz. Und das gegenseitige Verständnis ist auf einer tiefen empathischen Ebene vorhanden. Am Ende ist es bereichernd, dass wir uns bei den Facetten ergänzen, die der jeweilig andere nicht hat.“
Marco Stanke

Michael Ullrich

Marco Stanke

Die beiden Künstler Michael Ullrich & Marco Stanke sind keine Unbekannten im Hotel Karl August. Von jedem der Künstler finden sich bereits einzelne Arbeiten auf den Zimmern. Nun stellen die beiden aber erstmalig gemeinsam im Hotel aus und präsentieren in der Lobby unter dem Titel „In your room“ ihre unterschiedlichen Arbeiten.

Über die Freundschaft der beiden, ihre unterschiedlichen Ansätze bei den Arbeiten und wie diese dann doch so passend miteinander harmonieren, erzählen sie uns heute im Interview.

IHR HABT SCHON EINIGE AUSSTELLUNGEN GEMEINSAM GEMACHT, WOHER KENNT IHR EUCH?

Marco: Wir haben uns 2012 an der Nürnberger Kunstakademie kennengelernt und ich würde mal sagen, der Beginn sah eher nicht nach einer Freundschaft aus. Michi, damals mit langer Wallemähne, hatte mich eher skeptisch angeschaut, als ich mit meiner Mappe unterm Arm in den Raum kam.

Michi: Ja, tatsächlich. Am Anfang haben wir uns eher kritisch beäugt, aber das war nur ein kurzer Moment. Als er seine Arbeiten aus der Mappe gezeigt hatte und sich dann auch noch herausstellte, dass er Gitarre spielt und wir damals einen Gitarristen für unsere Band suchten, war das Eis direkt gebrochen und aus Skepsis wurde Freundschaft.

Marco: Ja, es ging alles sehr schnell. Zuerst Skepsis, dann Freundschaft, dann Band, dann Brüder.

Michael Ullrich

Marco Stanke

INWIEWEIT VERMISCHEN SICH DIE STILE VON MUSIK, MALEREI UND FOTOGRAFIE BEI EUCH ODER SIND DIESE BEREICHE KLAR VONEINANDER ZU TRENNEN?

Michi: Das ist eine interessante Frage. Früher hieß es oft, Musiker können keine Kunst oder umgekehrt. Und bei mir und Marco war es so, dass wir Musik schon vor der Kunst gemacht haben. In meinen Augen lassen wir uns von der Musik stark inspirieren, gerade was die „Attitude“ angeht oder das Auftreten an sich. Gefühlt trägt man das dann in seine Arbeiten mit hinein. Man nimmt sich also die Freiheit, diese Vision mit einzubringen, zu experimentieren, keine Angst zu haben und sich dabei dennoch selbst treu zu bleiben, ohne so viel darauf zu achten, was andere Menschen dazu sagen.

Marco: Da kann ich an der Stelle eigentlich nicht mehr viel ergänzen.

Michi, du bist gelernter Dreher & Fräser, wie ist dein Werdegang hin zur Kunst?

Ich würde sagen, der Start war holprig. Meine Schulzeit war nicht unbedingt die erfolgreichste. In meinem damaligen Heimatdorf, ein kleiner Ort im Allgäu, gab es nicht so viele Möglichkeiten oder Alternativen, also habe ich die Ausbildung begonnen. Aber wirklich gefallen hat mir das nicht, ich wollte einfach nur noch weg. Ich habe damals schon in einer Band gespielt, und der Sänger dieser Band hatte damals in Karlsruhe studiert – Kunst. Also habe ich ihn eines Tages an der Akademie besucht und dort war so ein besonderes Flair, so eine ganz besondere Stimmung und ich wusste, ich will ein Teil davon werden. Aber ich hatte keine Ahnung von Kunst, war bis dato nur einmal in meinem Leben in einem Museum, konnte nicht malen, konnte nichts.

Also habe ich mir eine Kamera gekauft, weil ich mir dachte „hey, das könnte am schnellsten klappen“. Ich habe eine Mappe erstellt und wurde tatsächlich genommen. Und jetzt im Nachgang glaube ich, dass meine Einstellung mit ausschlaggebend war für meine Einstellung. Dort habe ich dann studiert und auch irgendwann Jürgen Teller kennengelernt. Dieser hat einen sehr ähnlichen Weg wie ich hinter sich und er hat mich damals unheimlich gefördert. So habe ich schließlich bei ihm auch meinen Meister gemacht.

Und weil ich nach 13 Semestern dachte, es ist noch nicht genug, habe ich direkt noch ein Grafikdesign Studium drangehangen, ebenfalls an der Kunstakademie, mit Abschluss 2019. Und 4 Jahre später halte ich dort jetzt mein erstes Seminar, was mich wirklich stolz macht. Gerne hätte ich, dass mein damaliger Hauptschullehrer das sieht. Denn es gab Zeiten während meiner Schulzeit und Ausbildung, wo ich wirklich dachte, ich schaffe es zu nichts mehr. Aber schon damals hat mich die Musik inspiriert. Am Ende hat mich mein purer Wille nach Selbstverwirklichung da herausgeholt.

Michael Ullrich

Michael Ullrich

Die Fotografie war also nicht zuerst da, wie bist du zu dieser Leidenschaft dann schlussendlich gekommen?

Ja, tatsächlich. Am Anfang war bei mir eigentlich die Musik. Und ich glaube, die Leidenschaft zur Fotografie kam durch das Bewusstsein, wie sehr mich Musikvideos geprägt haben. Der bewusste Konsum eines Videos von Nirvana oder Depeche Mode, aber auch Albumcover z.B. von Iron Maiden. Wenn man hier das visuelle Zusammenspiel betrachtet, das hat mich damals einfach umgehauen. Und in gewisser Weise findet sich diese Popkultur heute auch in meinen Arbeiten wieder.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben?

Selbst tue ich mir fast schwer, das zu erklären, denn die Arbeit erklärt viel eher mich. Meine Arbeit versucht Rock ’n’ Roll zu sein, aber eigentlich ist sie eher sinnlich und soft.

Meine Arbeit verlangsamt alles. Da ist für mich Instagram das beste Beispiel: Alles ist vergänglich, alles ist so schnell. Und mit meiner Arbeit schaffe ich es, das zu verlangsamen und schlussendlich auch meine Umwelt, die Menschen um mich herum zu verstehen und mich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Der Ansatz deiner Serie „Burning Flowers“ ist sehr außergewöhnlich. Wie kamst du zu der Idee?

Das kam über ein Album Cover der spanischen Musikerin, Sofi de la Torre. Sie hatte damals ein Albumcover bei mir angefragt. Wir hatten lange telefoniert, denn ihre Anforderung war, dass etwas Klischeehaftes, Kitschiges, aber gleichzeitig Raues entstehen soll. Es sollte zum Album passen, in dem es über Liebe, Leben und Tod geht, und dann kam mir die Idee.
Feuer fand ich schon immer faszinierend und die Zerstörung durch Feuer ist irgendwie schön. Und nach dem ersten Versuch war das Ergebnis so gut, dass ich wusste, ich will eine Serie daraus machen.
Dieses Beispiel zeigt eigentlich perfekt auf, wie zu Beginn die Musik war und die Fotografie dann die visuelle Fortführung dessen abbildet.

Nach welchem Prinzip hast du die Blumen ausgewählt?

Es ging dabei um die Form. Die Ästhetik.

Wie darf man sich die Umsetzung vorstellen? Der Prozess des Verfalls, der Zerstörung schreitet bei Feuer unheimlich schnell voran, wie konntest du die Momente perfekt einfangen?

Mit am schwierigsten ist es, den passenden Ort für die Umsetzung zu finden. Mitten auf der Straße in Berlin mit einer Stichflamme Blumen anzuzünden, ist eher schwierig (lacht).
Die Aufnahmen selbst mache ich analog. Bei dieser Herangehensweise gibt es dann aber auch nur eine Handvoll Bilder. Unterstützt werde ich dabei von meiner Assistentin Francis. Wir haben eine Blume dabei, Feuer und Benzin. Recht viel mehr braucht es nicht. Alles passiert „on point“. Dabei ist der Prozess des Machens das, was mir gefällt. Es bleiben einem nur 3-4 Sekunden, um diesen Moment einzufangen. In dieser Zeit nehme ich ca. 10 Bilder auf.
Und das Spannende dabei ist, dass es bislang auch jedes Mal genau ein Bild aus den Aufnahmen gab, wo alles gepasst hat. Ich konnte sofort sagen „Hier passt die Flamme, die Form, einfach das gesamte Zusammenspiel.“ Die Vorstellung, dass ich am Ende aus 300 Bildern das Perfekte auswählen müsste, würde mich eher stressen. Woher weiß man dann, welches wirklich das Richtige ist?

Was inspiriert dich? Wo findest du deine Inspiration?

Filme, Musik, mich mit Menschen treffen, lesen und mich langweilen. Das musste ich erst wieder lernen, aber hieraus ergibt sich wieder neue Inspiration. Herumsitzen, in den Himmel schauen, einfach mal nichts machen.

Michael Ullrich

Marco, wie ist dein Werdegang?

Ich war ein sehr ruhiges Kind und habe am liebsten wenig gesprochen und im Kinderzimmer Raumschiffe gezeichnet. Danach kam der eher konventionelle Weg. Abitur und Studium. Aus meiner Schulzeit hatte ich keine besonderen Qualifikationen mitgenommen, außer der Illusion, „gut“ Zeichnen und Malen zu können. Das habe ich auch bei meinem ersten Studium (Kunstpädagogik) durchgezogen.

Als ich 2012 jedoch an der Akademie ankam, stellte ich fest, dass das gar nicht stimmte (lacht).

Ich glaube, an der Stelle ist es wichtig zu betonen, dass die Kriterien, die man zu Schulzeiten in diesem System mitbekommt, wie „gut gezeichnet / gut gemalt“ nicht den Kriterien von Kunst entsprechen. Mit meinem Start an der Kunstakademie kam auch irgendwie der Ausstieg aus der akademisch, universitären Welt. Das gipfelte vielleicht in dem Abbruch meiner damals bereits begonnenen Doktorarbeit.

Ich musste also erst einmal scheitern, um mich auf eine Art zu befreien und neu zu sammeln. Und das habe ich tatsächlich auch genossen. Hierdurch konnten dann neue Dinge entstehen, z. B. die Begegnung und Freundschaft mit Michi.

Aber auch eine für mich neue Auseinandersetzung mit dem Gegenstand Malerei zähle ich dazu. Das Spannende war die Auseinandersetzung mit etwas, mit dem man schon immer irgendwie gearbeitet hat. Das noch einmal zu hinterfragen, genauer unter die Lupe zu nehmen, zu dekonstruieren, bevor man es wieder neu zusammensetzt, das war auf einmal eine ganz andere Perspektive.

Und hieraus entstand dann auch im Jahr 2018/2019 die Idee, parallel an zwei Akademien, also Nürnberg und München, zu studieren, um auch hier einmal zwei Perspektiven einzuholen.

Jetzt, 4 Jahre später, genieße ich mein Dasein in meinem Atelier, beim Musikmachen und selbst an der Schule in Kunst zu unterrichten. Und das ist für mich kein Widerspruch, denn letzteres bringt noch einmal eine andere Perspektive auf die eigene Arbeit. Aber natürlich gibt man auch was zurück, und das meine ich nicht hochtrabend idealistisch, sondern man hat die Chance, mit der eigens erarbeitenden Freiheit, ein Stück weit auch was preiszugeben.

Die Kunst steht für mich aber immer an erster Stelle und hier bin ich auch nicht bereit, Kompromisse zu machen. Aber solange alles vereinbar ist, ist es einfach wunderbar.

Deine Serie „Kollektiv“ zeigt Bilddinge, sog. „Teile“: Was genau verbirgt sich dahinter?

Dahinter verstecken sich Bildobjekte. Es gibt z. B. die Bilderserie „Proben“ im ganz konventionellen rechteckigen Format. Hier zeigt sich, wie die Bildkörper fast schon einen anthropomorphen Makel, also menschliche Züge, in sich tragen können. Das unterscheidet sich dann z. B. gegenüber der „Kollektiv“-Serie, deren Teile alle in einem unkonventionellen Format gehalten worden sind.

Marco Stanke

Marco Stanke

Die Serie „Kollektiv“ existiert bereits seit 2014. Wie viele Teile sind dort inzwischen vorhanden?

Ich glaube, das Wort Serie trifft es eigentlich gar nicht passend, ich würde eher von einem Ensemble sprechen. Eine Serie suggeriert, dass Dinge nacheinander geschehen. Aber die Bildobjekte sind gleichwertig, improvisieren auch miteinander, wobei am Ende trotzdem jedes eine mehr oder weniger feste Rolle einnimmt.

Es fing alles 2014 an, mit dem Gedanken an, um den Gegenstand Malerei zu kreisen. Und aus einer eigentlich sehr figürlichen Malerei heraus habe ich so etwas wie Filetstücke herausgeschnitten, die dann letztlich übersetzt wurden in Bildobjektformen oder Bildobjekte. Das ist nicht ganz klar in der Bezeichnung, aber das soll es auch gar nicht, es soll spielerisch bleiben.

Das hat sich inzwischen aufsummiert auf rund 200 Einzelarbeiten, die miteinander im Dialog stehen. Es kommen mal welche und es gehen auch mal welche, aber der Kerngedanke ist, dass es eine Arbeit ist, die immer im Wandel ist und deren einzelne Variablen sich immer wieder ändern.

Am Ende hängt auch alles immer stark vom Raumgefühl ab. Ich hatte hier im Karl August 100 Arbeiten dabei, die mit mussten. Aber am Ende wird geschaut „wer passt gerade rein“ in die aktuelle Situation. Und hieraus gewinnt die Arbeit dann auch wieder etwas Anthropomorphisches.

Leute haben mir schon gesagt, dass eine Arbeit verletzt ausschaut. Das hat mich selbst überrascht, dass man mit so einer reduzierten Sprache Empathie wecken kann.

Aber vielleicht ist das gerade auch das, warum Michis und meine Arbeiten so gut zusammenpassen. Wir sind maximal unterschiedlich, aber vereinen uns auf einer empathischen Ebene.

 

Michi ist wieder mit im Dialog:

Michi: Deine Arbeiten sind so sensible und haben trotzdem Humor und sind dabei ernsthaft.

Marco: Und das trifft auch auf deine Arbeiten zu, Michi.

Wie ergibt sich hieraus das Miteinander?

Michi: Wir gehen eher so heran, dass ich Marco zeige, was ich derzeit habe, denn bei mir ist es mehr „in Stein gemeißelt“ als bei Marco. Er reagiert darauf dann mit seinen Arbeiten.

Dadurch, dass wir so ein großes Vertrauen ineinander haben, weiß ich auch einfach, dass Marco das mitbringt, was passt.

Marco: Michi stellt dann immer die alles entscheidende Frage, wenn wir gemeinsame Ausstellungen haben, aber auch bei Konzerten. Am Ende kommt „kriegen wir schon hin, oder?“.

Unsere aktuelle Zusammenarbeit besteht eigentlich aus 3 Variablen: unsere jeweiligen Arbeiten und die Leute, die sich im Raum bewegen. Das in Einklang zu bringen, ist die Herausforderung.

Michi: Und das ist auch eine tolle, spannende, andere Situation als in einem Museum oder einer Galerie. Man betrachtet auf einmal den ganzen Raum. In der Lobby hatten wir eine Stelle, wo bereits eine Lampe stand. Und auf einmal sagt Marco zu mir „du musst die Lampe noch um 10 cm einrücken“, weil diese auf einmal Bestandteil der Arbeit wurde. So ein Setting, wo der Raum mit einfließt, hatte ich noch nie zuvor. Das hat unheimlich viel Spaß gemacht.

Marco: Lustigerweise sind ja in so klassischen „White Cubes“ Menschen schon fast störend. Denn die Arbeiten arbeiten für sich selbst. Und jetzt, hier in der Lobby, ist es zum Verweilen gemacht.

Michi: Genau, im „White Cube“ sagt die Arbeit, „du darfst mich besuchen, aber musst auch wieder gehen“. Hier im Karl August lädt die Arbeit dich ein, zu bleiben.

Zurück zu dir, Marco. Wie gehst du bei deiner Arbeit vor?

Bei reduzierten Arbeiten ist es extrem schwierig, weil man sich unheimlich schnell dabei ertappt, dass irgendwas nicht so gut ist oder zu offensichtlich wird. Deshalb suche ich immer nach einem Moment, wo eine Idee von einer Form in Kombination mit einem Farbauftrag bricht, und dadurch eine kleine Ironie entsteht. Oft ist das dann eine Arbeit, die sehr viel über Nachdenken und Konfrontation mit den Materialien entsteht.

Um es anschaulicher zu erklären, kann man sich vorstellen, wie ich eine Kiste vor mir habe, mit unfassbar viel Holz drin, dazu eine Säge, einen karierten DIN A4 Block und einen Bleistift. Und mehr brauche ich nicht, um Ideen zu sammeln.

Dabei geht dann meistens doch immer etwas schief und wird anders als gedacht, aber das ist auch gut so. Für mich ist dabei der Begriff „voranscheitern“ entstanden und das ist essenziell für mich. Ich setze mir ein Ziel für meine Arbeit, um dann kurz vor Vollendung noch einmal links oder rechts abzubiegen. Das sind die Momente, wo ich z. B. eine Fläche einfach schräg aufbringe. Das ist der Moment des Uneigentlichen, auf den man reagiert.

Wie würdest du beschreiben, was dich inspiriert?

Einfach gesagt, aus dem unmittelbaren Gegenüber mit den Materialien. Ganz vieles klammer ich aus, wenn ich Kunst mache. Wenn es wirklich nur um die Arbeit geht, sind Gefühle außen vor und es geht um die Auseinandersetzung mit den Faktoren Material, Form und Farbe.

 

Michi ist wieder mit im Dialog:

Michi: Das ist so interessant. Du führst eigentlich einen Dialog mit deiner Arbeit. Sie sagt dir „mach es schief“ und in dem Moment machst du es gerade. Du diskutierst also eigentlich mit deiner eigenen Arbeit. Oft versucht man immer den Weg des geringsten Widerstandes zu wählen. Aber du arbeitest aktiv dagegen.

Marco: Man hat ja manchmal auch so bestimmte Dogmen oder Prinzipien, die man nicht ablegen kann und genau die muss man dann überwinden.

Marco, was reizt dich an dieser Sammlung – Vorgehensweise?

Der Rand der Arbeiten ist das, wo die Malerei ins Objekthafte übergeht. Der schmale Rand eines Bilds bekommt eine ganz andere Bedeutung und macht es wieder zum Objekt. Ich suche bei meinen Arbeiten aktiv das Absurde. Und das ist für mich dann die humorvolle Handlung. Ich schaffe mir einen Malkörper unter widrigen Bedingungen. Diesen nehme ich aber ernst und arbeite dann malerisch darauf. Wenn mir das gelingt, bin ich sehr glücklich.

Vielen Dank, Marco, vielen Dank, Michi. Zum Abschluss noch einmal die Frage, was euch neben der gemeinsamen Leidenschaft für die Musik und Fotografie bzw. Malerei verbindet? Gibt es darüber hinaus noch weitere Elemente?

Michi: Oberflächlich betrachtet, wirken wir wohl sehr unterschiedlich. Aber wenn man unsere Lebenszyklen betrachtet, dann sind wir eigentlich ziemlich gleich und ich würde sogar behaupten, es gibt wohl kaum einen Menschen, der mich besser kennt als Marco und umgekehrt. Hieraus ergibt sich ein tiefes Vertrauen, und wir greifen ineinander wie Zahnräder.

Marco: Wir sind im Kern aus dem gleichen Holz. Und das Verständnis ist auf einer tiefen, empathischen Ebene vorhanden. Am Ende ist es bereichernd, dass wir uns bei den Facetten ergänzen, die der jeweils andere nicht hat.

Michi: Auch das Feedback, welches wir einander zu unseren Arbeiten geben, ist dabei spannend. Das bereichert unsere Arbeiten, aber auch Ausstellungen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass nicht nur die Musik oder die Freundschaft uns verbindet, sondern auch das Verständnis des anderen.

Marco: Auf der Musikebene verstehen wir uns nonverbal. Rhythmus, Pausen ergeben sich aus dem Miteinander. Michi spielt einen Beat und ich weiß sofort, wo ich einsteigen muss. Aber auch bei unseren Ausstellungen funktioniert das durch eine gewisse Eigendynamik.

Michi: Wir gehen beide in die Ausstellung rein und wissen dann eigentlich schon, wie sich das entwickelt. Feinabstimmungen finden immer statt, aber um es etwas bildlicher zu beschreiben, passt der Vergleich mit Skifahrern, die den Berg hinunter wedeln, eigentlich sehr gut. Sie kreuzen sich immer wieder, aber jeder zieht dennoch auch seine eigenen Spuren im Schnee.

Michael Ullrich